Untersuchungsausschuss Corona

Auf dieser Seite präsentieren wir euch unseren Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung der Corona-Jahre 2020-2023. Mit diesem Vorschlag sind wir auf andere Fraktionen des Südtiroler Landtags zugegangen und haben sie eingeladen, mitzuzeichnen.

Lest den Text und macht euch selbst ein Bild!

Damit der Untersuchungsausschuss im Landtag eingerichtet wird, müssen mindestens 9 Abgeordnete mitzeichnen. Es handelt sich also um ein fraktionenübergreifendes Projekt.

Vor der Wahl hat so mancher von denen, die jetzt im Landtag sitzen, noch große Töne gespuckt. Aufarbeitung wurde gefordert und versprochen. Auf diesem Ticket wollten sie in den Landtag einziehen. Nun kann jeder sehen, wer seine Wahlversprechen hält und wer nicht. Nun kann jeder sehen, wer nicht mitzeichnen wollte und sich somit einer ernsthaften Aufarbeitung der Corona-Zeit entgegenstellt.

Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen der Jahre 2020–2023

Vorbemerkung

In den Jahren 2020 bis 2023 haben Landesregierung, nationale Regierung, Landesgesetzgeber, nationaler Gesetzgeber, Gemeinden, lokale und nationale Behörden und andere Instanzen eine Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung von SARS-CoV2 bzw. der COVID-19-Pandemie ergriffen. Diese Maßnahmen hatten vielfältige Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft, insbesondere auf das öffentliche und private Leben, auf die wirtschaftliche Situation und die Gesundheit der Bürger, auf das Sanitätswesen und auf die Wirtschaft des Landes.

Bei der Wahl des Landtages der Autonomen Provinz Bozen–Südtirol im Jahre 2023 hat der Souverän seinen Willen zu einer Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen klar zum Ausdruck gebracht. Um diesem Willen Folge zu leisten, wird die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Art. 25 der Geschäftsordnung des Südtiroler Landtages beantragt (im Folgenden: „Untersuchungsausschuss Corona“).

Aufgabe und Gegenstand

Aufgabe des Untersuchungsausschusses Corona ist die parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Krise der Jahre 2020 bis 2023 im Land Südtirol. Dies umfasst zum einen die Feststellung und Dokumentation von Tatsachen, zum anderen auch deren politische Bewertung. Des Weiteren ist es Aufgabe des Untersuchungsausschusses, Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen und entsprechende Handlungsempfehlungen für den Umgang mit künftigen Krisen zu entwickeln.

Der Untersuchungsausschuss Corona hat folgendes zum Gegenstand:

  • Die zur Bekämpfung von SARS-CoV2 bzw. der COVID-19-Pandemie durch Landesregierung, Gesetzgeber, Behörden, Verwaltung, Gemeinden und andere Instanzen ergriffenen Maßnahmen sowie die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen dieser Maßnahmen.
  • Gesellschaftliche Vorgänge und Betroffenheiten im Land Südtirol während der COVID-19-Pandemie.

Dabei widmet sich der Untersuchungsausschusses Corona schwerpunktmäßig den folgenden Bereichen:

  1. Politik
  2. Gesellschaft
  3. Sanitätswesen / Gesundheit
  4. Wirtschaft

I. Politik

Die Maßnahmen, die zum Zweck der Bekämpfung des SARS-CoV2-Virus bzw. der Pandemie und ihrer Auswirkungen durch die Landesregierung, den Landtag, Gemeinden und andere Instanzen in Politik, Verwaltung, Exekutive und Rechtsprechung  erlassen bzw. beschlossen wurden, hatten vielfältige Auswirkungen auf Gesellschaft, Institutionen, Bürger und Wirtschaft des Landes. Ebenso wirkten sich Maßnahmen, die auf Ebene des Staates, der Europäischen Union und anderer überstaatlicher Organisationen ergriffen wurden, auf das Land Südtirol aus. Diese Maßnahmen – unter anderem Maskenpflichten, Testpflichten, Kontakt- und Ausgangssperren, Versammlungsverbote, Schließungen von Einrichtungen, Zutrittsverbote, 3G-/2G-Regelungen, nationaler Notstand, Green Pass, Impfpflicht und Suspendierungen – hatten und haben nicht nur vielfältige Auswirkungen, sondern stellten zum Teil auch tiefe Eingriffe in die Grundrechte der Bürger dar.

Die sich aus diesen Tatsachen ergebenden Aufgaben bzw. Fragestellungen des Untersuchungsausschusses Corona sind unter anderem die folgenden:

  • Die Feststellung und Beurteilung der ergriffenen Maßnahmen und ihrer Begründung sowie der Art und Weise ihrer Durchsetzung durch Behörden bzw. die Exekutive.
  • Die Beurteilung der ergriffenen Maßnahmen mit Blick auf staatsrechtliche Fragen: So beispielsweise hinsichtlich der Folgen von Maßnahmendekreten und des nationalen Notstandes auf das politische System des Landes und auf die Autonomie, ebenso hinsichtlich der Konflikte zwischen einzelnen Maßnahmen und den bürgerlichen Grundrechten.
  • Analyse und Beurteilung der Krisenbewältigungsstrategie und der den Maßnahmenentscheidungen zugrundeliegenden Informationslage bzw. Qualität der herangezogenen Expertise und Beratung.
  • Fragen nach dem Funktionieren demokratischer Kontrollmechanismen während der Corona-Krise: So unter anderem die Rolle des Landtages und der Gerichte, oder auch die Gewährleistung bzw. Außerkraftsetzung der bürgerlichen Versammlungs- und Demonstrationsrechte.
  • Aus der Corona-Krise für die Bewältigung künftiger Krisen auf politischer Ebene zu ziehende Lehren.

II. Gesellschaft

Die Gesellschaft im Ganzen, das öffentliche Leben und das private Leben, zivilgesellschaftliche Organisationen bzw. Akteure und Bürger waren einerseits durch die Maßnahmen und die COVID-19-Pandemie betroffen, reagierten andererseits aber auch mit spezifischen Handlungen und Verhaltensweisen darauf. Diesbezügliche Fragestellungen des Untersuchungsausschusses Corona betreffen insbesondere:

  • Betroffenheiten und Agieren nichtstaatlicher Akteure (Organisationen, Vereine, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Unternehmen usw.) während der Corona-Krise und durch die Maßnahmen;
  • die Rolle der Medien und ihre Berichterstattung im Kontext der Corona-Krise: so beispielsweise die Auswirkungen der Berichterstattung auf Verhaltensweisen der Bürger und auf das gesellschaftliche Klima;
  • die Rolle von Wissenschaft, Forschungseinrichtungen, Experten und Beratungsgremien;
  • wie die Bürger die Maßnahmen aufgenommen haben, sich dazu verhielten, sich fügten oder nicht; in welchen Formen und mit welchen Folgen Kritik an staatlichem Handeln stattfand;
  • welche Folgen Corona-Krise, Maßnahmen und das gesellschaftliche Klima während der Corona-Jahre für den Zusammenhalt der Gesellschaft hatten bzw. haben, sowie auch für das bürgerliche Staatsvertrauen;
  • die Situation und Betroffenheiten vulnerabler Gruppen (Alte, Kranke, Kinder) während der Pandemie und durch Maßnahmen und ihre Folgen;
  • welche Lehren sich ziehen lassen für die Erhöhung der Resilienz und den Zusammenhalt der Gesellschaft.

III. Sanitätswesen und Gesundheit

COVID-Pandemie und Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung hatten erhebliche Auswirkungen auf das Funktionieren des Sanitätswesens und auf die Gesundheit der Bürger. Der Untersuchungsausschuss widmet sich diesbezüglich insbesondere Fragen nach:

  • der Situation der Krankenhäuser während und in Folge der Corona-Krise: beispielsweise die Versorgungslage mit medizinischen Gütern, die Leistungserbringung, Kosten- und Finanzierungsprobleme;
  • den Auswirkungen der Impfpflicht und der damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf die Personalsituation und in der Folge auf die Leistungserbringung;
  • strukturellen Schwächen des Systems, wie sie sich in der Corona-Krise gezeigt haben, und wie darauf für die Zukunft zu reagieren ist;
  • der gesundheitlichen Situation der Bürger während und nach der Pandemie, unter besonderer Berücksichtigung der Situation alter bzw. pflegebedürftiger und kranker bzw. behandlungsbedürftiger Menschen.

IV. Wirtschaft

Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie (auch in anderen Ländern und auf internationaler Ebene) hatten erhebliche Folgen für die Wirtschaft des Landes. Alle Sektoren der Wirtschaft, von Tourismus und Gastgewerbe über Dienstleistungen und Produktion bis Landwirtschaft waren unmittelbar betroffen. Der Untersuchungsausschuss widmet sich diesbezüglich insbesondere Fragen nach:

  • den unterschiedlichen Betroffenheiten der Hauptsektoren der Wirtschaft des Landes;
  • den Schwierigkeiten, mit denen Unternehmen sich konfrontiert sahen und mit welchem Erfolg auf diese reagiert wurde;
  • der Art und Weise der Umsetzung der Maßnahmen durch Unternehmen;
  • den Lehren, die sich für die Zukunft ziehen lassen, um Resilienz und Krisenfestigkeit der Wirtschaft zu stärken.

Abschlussbericht

Gemäß Art. 25, Abs. 4, legt der Untersuchungsausschuss „Aufarbeitung der Corona-Krise 2020-2023“ dem Landtag nach Abschluss seiner Arbeiten einen Bericht über die Ergebnisse und die Schlussfolgerungen vor.

Dieser Abschlussbericht umfasst zum einen eine Dokumentation und politische Bewertung der Maßnahmen, Vorgänge und Folgen, zum anderen gibt er politische Handlungsempfehlungen, wie mit diesen Folgen umzugehen ist und wie das Land resilienter aufgestellt werden kann, um es für künftige Krisen noch besser zu wappnen.

Begründung

Mehrere Gründe verlangen nach der Einrichtung des Untersuchungsausschusses Corona:

  1. Grundrechte: Eine Reihe von Maßnahmen liefen auf Verbote, Zwänge und Ungleichbehandlungen von Bürgern hinaus. Dabei stellten einige dieser Maßnahmen tiefe Eingriffe in die Grundrechte der Bürger dar. Wird ein solchermaßen tiefer Eingriff in ein Grundrecht vorgenommen, so ist eine spätere kritische Untersuchung und Beurteilung von vornherein angezeigt. Dies gilt ganz unabhängig davon, ob im Vorfeld eines Grundrechtseingriffs ernsthafte Bedenken angemessen berücksichtigt wurden und ob schwierige Entscheidungen zu treffen waren, um die schwer gerungen wurde. Vielmehr ist gerade auch die Beurteilung dieser Abwägungen und ihrer Rechtfertigungen ein Gegenstand des Untersuchungsausschusses. Die umfassende Aufarbeitung dieser Maßnahmen – d. h. ein Untersuchungsausschuss – war somit von Anfang an, nämlich mit diesen Maßnahmen selbst, aus demokratischen und rechtsstaatlichen Gründen bereits notwendigerweise mit gesetzt. Ein Untersuchungsausschuss stellt mithin einen Beweis für das Funktionieren des Landtags als ein Kontrollorgan und der Demokratie im Ganzen dar.
  2. Gesellschaftliche Aufarbeitung: Die Corona-Krise war eine mehrere Jahre dauernde starke Belastungsprobe für die Gesellschaft. Es kann zu Recht von Konflikten, tiefen Rissen und einer Spaltung gesprochen werden, die sich durch alle Bereiche der Gesellschaft zogen und bis heute ziehen. Es ist zum einen unerlässlich, die gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen zu bilanzieren, es ist zum anderen ebenso unerlässlich, auf politischer Ebene einen Aufarbeitungs- und Heilungsprozess einzuleiten.
  3. Lessons Learned: Es ist eine nicht zu versäumende Aufgabe, aus der Krise und ihrer Bewältigung Lehren zu ziehen, um das Gemeinwesen resilienter aufzustellen und für künftige Krisen besser zu wappnen. Aus demokratiepolitischen Gründen und aufgrund des Umfangs und der Bedeutung dieser Aufgabe ist ein Untersuchungsausschuss hierfür das einzig angemessene Gremium.
  4. Demokratie: Bei der Wahl des Landtages der Autonomen Provinz Bozen–Südtirol im Jahre 2023 hat der Souverän seinen Willen zu einer Aufarbeitung der Corona-Krise klar zum Ausdruck gebracht. Gleichwohl wäre auch ohne dies die Einrichtung des Untersuchungsausschusses Corona bereits aus den zuvor genannten Gründen geboten.